Gorki Theater: Linkerhand © Ute Langkafel MAIFOTO
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Maxim Gorki Theater - "Linkerhand" nach dem Roman von Brigitte Reimann

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Im Februar 1973 starb die Schriftstellerin Brigitte Reimann mit gerade einmal 39 Jahren an Krebs. Bis zu ihrem Tod hatte sie an ihrem Hauptwerk "Franziska Linkerhand" geschrieben, ein Roman über ein junges Mädchen in der DDR mit großen Träumen. Der Roman blieb unvollendet - und doch eines ihrer größten literarischen Werke, das auch vielfach theatralisch umgesetzt wurde. Gestern fand die Premiere des Stückes "Linkerhand" im Gorki Theater statt, inszeniert von Sebastian Baumgarten. Barbara Behrendt war dabei.

Da stehen sie wie Look-Alikes: Bubikopf, Ringelshirt, Stoffhose. Dreimal Franziska. Und proklamieren pathetisch: "Es muss sie geben, die kluge Synthese zwischen Heute und Morgen, zwischen tristem Blockbau und heiter lebendiger Straße, zwischen dem Notwendigen und dem Schönen, und ich bin ihr auf der Spur, hochmütig und ach, wie oft, zaghaft, und eines Tages werde ich sie finden!"

Drei Franziskas, drei Schauspielerinnen

Katja Riemann, Alexandra Sinelnikova und Maria Simon teilen sich in der Gorki-Inszenierung die Rolle der Franziska Linkerhand. Es ist der uralte Tick der Postdramatik, mehrere Schauspieler:innen eine Figur verkörpern zu lassen – als sei eine Schauspielerin nicht dazu in der Lage, mehrere Facetten aufzufächern. Diese drei Franziskas spiegeln zu allem Überfluss nicht einmal unterschiedliche Seiten, sondern geben die zarte wie leidenschaftliche wie kantige und naive Titelheldin einfach nur: stur, hart und durchsetzungsstark.

Vom Scheitern einer jungen Frau in der DDR

Wer im Osten Deutschlands in den 1970er Jahren erwachsen war, der kam an ihr nicht vorbei: "Franziska Linkerhand", 1974 postum veröffentlicht, nachdem die Schriftstellerin Brigitte Reimann mit 39 Jahren an Krebs gestorben war. Es wurde zum Kultbuch und gilt noch heute als eine der großen DDR-Erzählungen: das bürgerliche Aufwachsen der jungen Franziska nach dem Zweiten Weltkrieg, ihre Entwicklung zur ehrgeizigen, idealistischen Architektin in den 1960er Jahren, die Häuser bauen will, in denen man glücklich sein kann.

Franziska könnte Karriere in Berlin machen, entscheidet sich aber für die Provinz, um dort im Wohnungsbau das Leben der Menschen besser zu machen. Sie geht nach Neustadt, Synonym für Hoyerswerda, wo Brigitte Reimann selbst gelebt hat. Hier kämpft Franziska für einen lebendigen Stadtkern, für Kinos, für individualisierte Wohnungen – und scheitert am typisierten Plattenbau des Sozialismus. Am Starrsinn der Partei, an der Männerherrschaft, der Bürokratie.

Von der poetischen Reimannsprache bleiben im lärmenden Sound kaum mehr Späne übrig

Doch zuvorderst ist "Franziska Linkerhand" ein Buch über die ganz große Liebe, verfasst wie ein einziger langer Brief an Franziskas Geliebten Ben, mit Vor- und Rückgriffen und einer dichten, hoch poetischen Sprache, die die Geschichte erst leuchten lässt. Mit ihren sinnlichen (in der DDR-Veröffentlichung zensierten) Beschreibungen zieht die Autorin hinein in den Lebenshunger, die Sehnsüchte, das Lieben und Träumen der jungen Franziska.

Vom großen Liebes- und Lebenshunger sind auf der Bühne allerdings nur klägliche Reste geblieben. Ein derart unentflammtes und distanziertes Liebespaar wie Franziska und Ben auf dieser Theaterbühne hat man wahrlich selten erlebt.

Sebastian Baumgarten rast in nicht einmal zwei Stunden hektisch durch die Szenen, im Zentrum immer die Frage: In welchen Städten wollen wir leben? Es ist, das ist zumindest ungewöhnlich, eine Inszenierung zur Geschichte des sozialistischen Städtebaus, erzählt anhand von Franziskas Lebensgeschichte.

Nun gehört Städtebau nicht unbedingt zu den besonders sinnlichen Bühnenthemen. Aber mit glaubwürdigen Figuren, die das Publikum mitreißen, ist natürlich alles möglich. Allein: Gerade diese Figuren fehlen. Auf der Bühne geht es zu wie auf einer geschäftigen Baustelle. Von der poetischen Reimann-Sprache bleiben im lärmenden Sound kaum mehr Späne übrig.

Gorki Theater: Linkerhand © Ute Langkafel MAIFOTO
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Eine dröge Inszenierung, die wie eine Bauruine von vorgestern wirkt

Für das schnelle und günstige Massenbauen mit vorgefertigten Teilen in Serienproduktion hat die Produktion ein treffendes Bild gefunden: Von der Decke hängen verschiedene Fertig-Wände, die dann für die eine oder andere Szene heruntergefahren werden. Nicht schön, aber zweckerfüllend.

Darüber hinaus prägen vor allem Videos die Inszenierung. Sie zeigen Menschenmassen im urbanen Raum, die KI-animiert die Münder bewegen und irgendetwas über Wohnungsbau sagen. Sie zeigen das Braunkohlewerk "Schwarze Pumpe", in dem auch Brigitte Reimann arbeitete. Zwischendurch werden Manifeste an die Wände geworfen, etwa die "Grundsätze des Städtebaus von 1950". Oder ein Clip mit dem Architekten Oscar Niemeyer, der über die Bauhaus-Architektur lästert und von seiner Planstadt Brasilia schwärmt. Mehr und mehr entwickelt sich der Abend zur Lehrstunde für Architektur-Aficionados.

Wenn Franziska am Ende in einem Wohnungsbau-Vortrag ins hell erleuchtete Publikum fragt, wie wir denn nun miteinander leben wollen, weht für einen kurzen Moment die Gegenwart herein – geht dann aber sogleich wieder verschütt in luftigen Phrasen über Risiken, die es beim Bauen einzugehen gilt und Mut, den man dafür brauche.

Zuallerletzt springt der Abend in die jüngere Vergangenheit. In einem Video spricht jemand über die rechtsradikalen Ausschreitungen in Hoyerswerda 1991. Was soll das bedeuten? Dass die tristen Planstädte geradewegs in den Extremismus führten? Es wäre ein letzter Kurzschluss in einer drögen Inszenierung, die selbst ein wenig wirkt wie eine Bauruine von vorgestern.

Barbara Behrendt, radio3

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