Radical - Eine Klasse für sich © Ascot Elite Entertainment
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Drama - "Radical - Eine Klasse für sich"

Bewertung:

Das deutsche Bildungssystem ist kontinuierlich in der Kritik. Wie inspirierender Unterricht gelingen könnte, führt das Kino immer wieder vor: in Spielfilmen wie "Der Club der toten Dichter" oder auch ganz real in Dokumentarfilmen wie "Sein und Haben" von Nicolas Philibert. Der Spielfilm "Radical - Eine Klasse für sich" basiert auf der realen Geschichte eines engagierten Lehrers, der in einer Brennpunktschule im mexikanischen Grenzgebiet mit unorthodoxen Methoden viel erreichte. Beim renommierten Sundance Festival hat der Film den Publikumspreis gewonnen.

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Man kennt das auch aus Deutschland: Frontalunterricht vor schweigend aufmerksamen Kindern: "Ich bitte um Ruhe, denn Ruhe ist die Grundlage des Gehorsams!" fordert der Schuldirektor bei der Schulversammlung: "Gehorsam ist die Grundlage der Disziplin, und Disziplin ist die Grundlage des Lernens. Also wiederholen wir alle unsere Regeln!"

Bisher hat das allerdings in der Brennpunktschule nahe der mexikanischen Grenze nicht zu guten Ergebnissen geführt, wie der Direktor einräumen muss: "Obwohl der Besuch der Grundschule verpflichtend ist und kostenlos, besucht mehr als die Hälfte der Kinder aus der 6. Klasse keine weiterführenden Schulen. Laut Schülertesttabelle sind wir die schlechteste Schule!"

Mitmach-Abenteuer statt Frontalunterricht

Im Kontrast zur Forderung nach Disziplin und Ordnung veranstaltet der neue Lehrer Sergio erstmal ein gehöriges Chaos, über das die ankommenden Schüler der sechsten Klasse nicht schlecht staunen: Tische und Stühle sind zu einem chaotischen Haufen zusammen- und übereinandergestellt, mittendrin der Lehrer im Alarm-Modus:

"Beeilung, uns läuft die Zeit davon! Das sind keine Tische! Das sind Rettungsboote, und das ist kein Fußboden, das ist der Ozean. Jedes Boot kann nur die gleiche Anzahl an Menschen aufnehmen. Wir sind 23, es gibt nur sechs Boote: Los, ihr kriegt es raus!"

Statt den Kindern etwas einzupauken, weckt der neue Lehrer ihre Neugier. Trockene physikalische und mathematische Problemstellungen macht er zur lebendigen Performance, denn schließlich sind Fluchtbewegungen Alltag an den Grenzen zwischen Mexiko und den USA, wo das Leben von Armut, Gewalt und Korruption geprägt ist.

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Anschauungsunterricht im Freien

Ganz nebenbei erschließen sich die Kinder das Wissen über das Zusammenspiel von Gewicht, Volumen und Dichte und von Auftrieb im Wasser - ein Experiment, in das auch der vom Lärm angelockte Direktor einbezogen wird. Es stellt sich heraus, dass der Wasserpegel sehr viel höher steigt, wenn der korpulente Herr Direktor hineinsteigt.

Statt die zappeligen Kinder an Tisch und Stuhl zu zwingen, holt Sergio sie raus an die frische Luft, wo sie mit Wasserwannen, Spiegelscherben und Sonnenlicht experimentieren: "Was passiert, wenn das unscharfe Licht fokussiert wird?"

Schnell brennt das gebündelte Sonnenlicht ein Loch ins dünne Holzbrettchen.

Vorgetäuschte Naivität und durchtriebene Schlitzohrigkeit

Der Komiker Eugenio Derbez, der schon den inspirierenden Musiklehrer im Oscar-ausgezeichneten Film "Coda" gespielt hat, darf diese Nebenrolle hier zur Hauptrolle ausbauen. Mit einer Mischung aus sanfter Warmherzigkeit, vorgetäuschter Naivität und durchtriebener Schlitzohrigkeit verführt er die Kinder zu Erkenntnissen. Zugleich bietet er den konservativen Kräften im Schulsystem schlitzohrig die Stirn, beispielsweise im Gespräch mit dem zunächst zweifelnden, aber zunehmend sympathisierenden Direktor.

"Seit 100 Jahren sind die Lehrmethoden gleichgeblieben", argumentiert Sergio. "Stechen Sie in kein Wespennest!", warnt der Direktor. "Warum sollte ich?", meint Sergio vielsagend schmunzelnd - und tut genau das.

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Inspiration für Lehrer aller Länder

"RadicalEine Klasse für sich" basiert auf der realen Geschichte eines mit seinen unkonventionellen Methoden inspirierenden Lehrers, die 2013 im Wired Magazine veröffentlicht wurde. Der kenianische Regisseur Christopher Zalla macht aus dem Stoff eine Feel-Good-Geschichte mit tragischen Untertönen. Denn von den drei Kindern, die im Zentrum seines Films stehen, können nicht alle die Chance auf ein besseres Leben, die der Lehrer ihnen eröffnet, auch nutzen.

Was bleibt, ist das zugleich ernüchternde wie tröstliche Gefühl, dass es so einfach und so viel besser wäre, Schule zu einem Ort der Inspiration zu machen. "Was du nötig hast, was jeder hier nötig hat, hast du schon!", ermuntert der Lehrer seine Schülerinnen und Schüler. "Und das nennt man Potential!"

So ist "Radical - Eine Klasse für sich" ein Film, der zum Pflichtprogramm der Lehrerausbildung gehören sollte.

Anke Sterneborg, rbbKultur